Der «Future Tree»: Pilotprojekt für parametrische Planung

Der offene Aussenpavillion «Future Tree» im Innenhof des neuen Erweiterungsbaus von Basler & Hofmann in Esslingen steht für das Potenzial parametrischer Planung: Sie ermöglicht eine gänzlich neue Formensprache bei gleichzeitig optimierter Funktionalität.

Der jüngste Erweiterungsbau von Basler & Hofmann in Esslingen liegt auf der Rückseite des bestehenden Geschäftshauses. Mit seinen beiden Seitenflügeln bildet er einen spitzen Winkel. Dadurch entsteht ein Innenhof, der einen idealen Raum für eine interessante architektonische Form bietet. Hier sollte ein offener Aussenpavillon entstehen, der sowohl die Blicke aus dem Erdgeschoss als auch aus den darüber liegenden Stockwerken auf sich zieht. In einem iterativen Entwurfs- und Planungsprozess zwischen Gramazio Kohler Research, der Professur für Architektur und Digitale Fabrikation an der ETH Zürich, Erne Holzbau und den Tragwerksplanerinnen und -planern von Basler & Hofmann entstand eine baumähnliche Konstruktion, die den Namen «Future Tree» trägt. Eine geschwungene, wabenartige Holzkonstruktion bildet das Dach, das fast frei zu schweben scheint. Erst beim Näherkommen nimmt man die organisch geformte Betonstützte wahr, auf der es ruht. Beide Bauteile wurden parametrisch geplant und mit neuartigen digitalen Fertigungsmethoden gebaut.

 

Iterative Optimierung von Architektur und Tragverhalten

Sowohl die «Krone» – ein Hebelstabwerk aus Holz – wie auch der «Stamm» – eine strukturierte Betonstütze – wurden von Forschenden der ETH Zürich parametrisch entworfen. Konkret wurde die Entwurfsabsicht anhand verschiedener Parameter in einem Programmcode erfasst. Einmal programmiert, lassen sich so innert Kürze unzählige Formenvarianten generieren. Im parametrischen Modell konnten zum Beispiel die Maschenweite, Knotengrösse und Wölbung des Hebelstabwerks verändert und damit die gesamte Geometrie der Struktur automatisch angepasst werden. Da das Modell mit den statischen Programmen verknüpft war, konnten die Tragwerksplaner von Basler & Hofmann schnell überprüfen, welche Auswirkungen eine Veränderung in der Geometrie auf das Tragverhalten hat. Auf diese Weise wurden in einem iterativen Prozess architektonischer Entwurf und Tragverhalten aufeinander abgestimmt und optimiert.

 

Automatisierte Bauverfahren

Die parametrische Planung erzeugt hochkomplexe Strukturen, die in der notwendigen Präzision von Menschenhand allein kaum mehr gebaut werden können. Am Bau des Future Trees arbeiteten deshalb Roboter und 3D Drucker mit: Ein Roboter von Erne Holzbau hat die Holzelemente des Hebelstabwerks zugesagt, vorgebohrt und im Raum positioniert. Die Betonstütze des Pavillions ist das Resultat eines neuen Bauverfahrens der ETH Zürich, bei dem ein 3D Drucker eine extrem dünne Schalung herstellt, die dann mit einer speziellen Betonmischung gefüllt wird. Im Oktober 2019 kamen «Stamm» und «Krone» in Esslingen zusammen.

Projektbeteiligte:

Bauherrschaft: Basler & Hofmann AG

Architektur und Technologie: Gramazio Kohler Research, Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich

Baustatik und Konstruktion: Basler & Hofmann AG, Erne AG Holzbau / SJB Kempter Fitze AG

Entwicklung Bauverfahen und Produktion Holzbau: Erne AG Holzbau

Entwicklung Bauverfahren und Produktion Betonstütze: Gramazio Kohler Research, ETH Zürich und Professur für Physikalische Chemie von Baumaterialien, ETH Zürich

Architektur Erweiterungsbau: Stücheli Architekten

 

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