Parking Kunstmuseum: Eine Grossbaustelle mitten in der Basler Innenstadt

Langer Atem zahlt sich aus: Nach einer ersten Projektidee im Jahr 1999 wird am 17. Dezember 2021 das neue, unterirdische Parking beim Kunstmuseum Basel in Betrieb genommen. Das Parking bietet 350 Stellplätze in unmittelbarer Nähe zur Basler Innenstadt. Um den Verkehr während der Bauzeit möglichst wenig zu beeinträchtigen, wurde das Parking mit einer besonders platzsparenden Methode gebaut: Der Deckelbauweise.

Es ist ein klarer Dezembertag Ende 2020. Wie immer herrscht emsiges Treiben um den Bankverein, dem Eingangstor zur Basler Innenstadt, und den St. Alban-Graben, wo die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse sowie das Kunstmuseum und Antikenmuseum ansässig sind. Seit Anfang 2018 ist hier noch mehr los als üblich: Unter dem St. Alban-Graben wird ein neues, unterirdisches Parking gebaut. Das schlauchförmige Parking kommt zwischen Bankverein und Kunstmuseum zu liegen. Auf vier unterirdischen Stockwerken mit einer Gesamtlänge von 169 Metern und einer Breite von bis zu 17 Metern wird es 350 Parkplätze bieten. Die Projektidee ist bereits mehr als 15 Jahre alt. Für die Realisation des Parkings mussten diverse politische Hürden genommen werden. Im April 2018 konnte mit einem von der Credit Suisse Asset Management verwalteten Immobilienfonds ein Investor gefunden werden. 2019 war es nach jahrelanger Planung endlich soweit: Im März wurde der erste Bohrpfahl für das Parking eingebracht.

 

Auf der Baustelle ist es äusserst eng. Wer jedoch eine riesige Baugrube erwartet, täuscht sich. Sogar eine Tramspur ist stets in Betrieb. «Der St. Alban-Graben ist eine wichtige Verbindungslinie im öffentlichen Verkehr von Basel. Damit diese während dem ganzen Bauprojekt befahrbar bleibt, wird das Parking quasi minimal-invasiv mit einer speziellen Methode gebaut – der sogenannten Deckelbauweise», erklärt Mario Brand, Teilprojektleiter Tragstruktur, der die Baustelle an diesem Dezembertag mit Talei Madden, Projektingenieurin Spezialtiefbau von Basler & Hofmann besucht. Basler & Hofmann war bereits in der 2006 gegründeten Projektentwicklungsgesellschaft vertreten. Innerhalb der beauftragten Planergemeinschaft bestehend aus Basler & Hofmann, Rapp Infra und Stefan Meyer Architekten sind die Fachleute von Basler & Hofmann für den Spezialtiefbau, die Tragstruktur, die Erschütterungsüberwachung sowie die Lüftungs- und Elektroinstallationen im Parkingneubau verantwortlich.

Bauen von oben nach unten

Rund ein Jahr vor Eröffnung des Parkings steigen wir also gemeinsam mit Mario Brand und Talei Madden durch eine von drei Aushuböffnungen unter den St. Alban-Graben. Auf einmal befinden wir uns inmitten einer riesigen unterirdischen Baustelle. Während oben kaum Baulärm zu hören war, versteht man sich hier unten zeitweise kaum. «Wir stehen jetzt dort, wo künftig die Decke des 2. UGs sein wird. Ob uns befindet sich der Deckel, auf dem die Strassenbahn verkehrt», erklärt Talei Madden. Für den Bau des Parkings wurden zuerst von der Geländeoberkante überschnittene Bohrpfahlwände und Zwischenstützen erstellt. Auf diese wurde dann in zwei Etappen ein Betondeckel gebaut. Dank der Etappierung konnte auf der einen Seite des St.-Alban Grabens immer ein Tramgleis befahren werden. Im Schutz des Deckels finden nun der Aushub und die Bauarbeiten statt. «Wir bauen quasi von oben nach unten. Für uns Tragwerkskonstrukteure bedeutete dies ein komplettes Umdenken. Im Hochbau werden die Lasten in den oberen Stockwerken immer geringer. Hier werden die Lasten mit zunehmendem Baufortschritt grösser. Entsprechend musste die Planung der Tragkonstruktion mit Start der Ausführung komplett fertig gestellt sein», fügt Mario Brand hinzu.

Aushub in zwei Etappen

Die vertikalen Abhängigkeiten und Genauigkeitsanforderungen forderten Planer – und Unternehmerteam einiges ab. «Die gebohrten Vollstahlstützen haben eine Tiefe von 11,5 bis 13 Meter und gehen über alle vier Stockwerke. Würde man das komplette Volumen von 36'000 Kubikmetern auf einmal ausheben, würden die Stützen wie Spaghetti in der Mitte zusammenknicken», erklärt Mario Brand. Der Aushub erfolgt deshalb in zwei Teilschritten: Zuerst wird bis auf die Decke des 3. UGs ausgehoben. Damit die Stützen nicht ausknicken, werden auf Höhe der Decke des 2. UGs Knickhalterungen angebracht. Ist die zukünftige Decke des 3. UGs als Bodenplatte betoniert, kann die Decke des 2. UGs in konventioneller Bauweise erstellt werden. Das 3. und 4. UG werden analog ausgehoben. Vor eine besondere Herausforderung stellte das Planerteam der Heuwaagestollen – ein Stollen, der nur fünf Meter quer unter der gesamten Bodenplatte durchläuft. Diesem durfte keine Last abgegeben werden. «Teilweise überschneidet sich das Stützenraster des Parkings mit der Lage des Stollens. Die betroffenen Stützen wurden für die Zeit des Baus als nichttragend ausgeführt. Während der Bauphase tragen Bauhilfsstützen die Last seitlich des Stollens ab. Im 4 UG wird dann ein Abfangriegel erstellt. Ist dieser errichtet, werden mit einer kontrollierten Lastumlagerung die hauptstützten zum Tragen gebracht und die Bauhilfsstützen herausgeschnitten», führt Mario Brand aus.

Wenn Museumsbesucher einen Erschütterungsalarm auslösen

Auf Grund der engen Platzverhältnisse im St. Alban Graben kratzten oder spitzten die Baumaschinen teilweise quasi an den Fundamenten des Antikenmuseums und Kunstmuseums. Dies erforderte eine kontinuierliche Erschütterungsüberwachung. Denn in beiden Museen sind wertvolle Kultur- und Kunstobjekte ausgestellt und eingelagert. Die Fachleute von Basler & Hofmann haben dafür zwei Messzentralen mit jeweils rund zehn Messpunkten installiert. Über eine Webplattform konnten sie die Erschütterungen laufend kontrollieren. «Die Installation und Überwachung waren nicht ganz trivial: Zum einen mussten wir die Geofone teils im Besucherbereich der Museen installieren. Dort sollten sie möglichst wenig auffallen. Zum anderen mussten wir sehr tiefe Grenzwerte einhalten. Dies hatte zur Folge, dass auch mal ein herumhüpfendes Kind einen Alarm auslösen konnte», erklärt Thomas Rupp, Projektleiter Erschütterungsschutz. «Bei sehr heiklen Passagen waren wir manchmal auch direkt mit den Baggerführern verbunden, um bei kritischen Erschütterungen rasch eingreifen zu können», so Thomas Rupp. Im Mai 2020 kam es beim Antikenmuseum zu starken Vibrationen, weshalb verschiedene Exponate erschütterungssicher verpackt werden mussten.

Auf der Zielgeraden

Mittlerweile ist Dezember 2021. Anstatt durch Aushubsöffnungen steigt man nun durch die offiziellen Eingänge in das Parking hinab. Am 17. Dezember, kurz vor Weihnachten, werden die ersten Museumsbesucher und Städtebummler mit ihren Autos die Parkschranke durchfahren. Auch wenn es immer mal wieder stärkere Erschütterungen gab, kam es während den Bauarbeiten zu keinen nennenswerten Schäden. «Ich weiss jetzt jedenfalls, wo ich künftig in Basel parkieren werde», meint Mario Brand mit einem Lachen im Gesicht.