«Toleranz ist eine Grundhaltung, die Vielfalt schätzt»

Bianca Gasser, Leiterin HR bei Basler & Hofmann, engagiert sich für die Entwicklung von Menschen, Teams und Organisationen. Im Interview erzählt sie, weshalb «Toleranz» in unserem Ingenieur-, Planungs- und Beratungsunternehmen nicht nur technisch, sondern auch menschlich eine grosse Rolle spielt.
Bianca, hast du jüngst Toleranz erlebt?
Ich erlebe Toleranz täglich. Auch bei meiner eigenen Rekrutierung habe ich sie erlebt. Mein erstes Jobinterview bei Basler & Hofmann hatte ich vier Wochen nach der Geburt meiner Tochter. Mein heutiger Vorgesetzter wusste von der Geburt – und fand es wundervoll. Er leitete aus meiner Mutterschaft keine Schlussfolgerungen für mein berufliches Wirken ab. Er teilte diese Information nicht mit weiteren Gesprächspartnern, so dass ich meine Geschichte selbst erzählen konnte. Dafür setze ich mich auch persönlich ein: Menschen sollen nicht aufgrund ihrer Lebensumstände stereotypisiert werden.
Welche Rolle spielt Toleranz in der Unternehmenskultur?
Toleranz heisst, offen gegenüber anderen Perspektiven zu sein. In einem Unternehmen handelt es sich um eine Grundhaltung, die Vielfalt schätzt. Vielfalt ist ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg. Innovation ist nur möglich, wenn der Austausch von unterschiedlichen Perspektiven geschätzt und gefördert wird. Das erfordert ein Umfeld, in dem sich Menschen psychologisch sicher fühlen.
Was meinst du mit psychologischer Sicherheit?
Der Begriff stammt von der US-Forscherin Amy Edmondson. Es geht darum, dass sich Menschen in einem Team, einem Unternehmen sicher fühlen, ihre Meinung zu äussern. Oder Fragen zu stellen, Fehler zuzugeben, neue Ideen einzubringen. Und das ohne Angst vor Ablehnung, Spott oder negativen Konsequenzen. Edmondson hat aufgezeigt, dass psychologische Sicherheit ein Schlüsselfaktor für erfolgreiche Teams ist.
Ist Toleranz also strategisch relevant?
Ja, ich denke schon. In der Wirtschaftspsychologie spielt sie eine grosse Rolle: Toleranz wird dort nicht nur als moralischer Wert verstanden, sondern als strategisch relevantes Verhalten, das sich in der Art der Zusammenarbeit, der Konflikt- und Innovationsfähigkeit zeigt. Vielfalt und Offenheit sind in einem Ingenieur-, Planungs- und Beratungsunternehmen wie unserem zentral: Unsere Aufgabe ist es, Probleme zu lösen. Dazu gehört, diese aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
Wie bringt man technisch orientierte Fachleute dazu, sich mit Werten wie Toleranz auseinanderzusetzen?
Themen wie Toleranz und Zusammenarbeit sind nicht messbar wie die Tragfähigkeit einer Brücke, sie sind aber für alle Mitarbeitenden spürbar. Sie prägen den Erfolg jedes Projekts. Die fachliche Expertise ist das eine; für den Projekterfolg entscheidend ist ebenso, wie wir zusammenarbeiten. Wir alle spüren schnell, wie in einem Team miteinander umgegangen wird. Von Seiten HR adressieren wir solche Themen zum Beispiel in internen Weiterbildungen wie dem Modul «Mitarbeitende entwickeln – Potenziale erschliessen» oder mit Austausch-Anlässen wie dem Netzwerkanlass für Projektleitende.
Ist Toleranz eine Führungsstärke?
Ja, Toleranz zu leben und ein entsprechendes Umfeld zu schaffen, ist eine Führungsstärke. Tolerant sein bedeutet nicht, alles zu tolerieren oder allem zuzustimmen. Im Gegenteil: Es heisst auch, sich klar gegen inakzeptables Verhalten einzusetzen. Nur so prägen wir eine Kultur, in der wir uns wohl fühlen und entfalten können.
Welche Rolle spielt Toleranz in der Rekrutierung?
Wir legen Wert darauf, Personen zu rekrutieren, die unsere Grundwerte teilen. Das ist herausfordernd, gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Trotzdem müssen neue Mitarbeitende bei uns nicht nur fachlich, sondern auch menschlich passen. Wir schauen uns bei Vakanzen immer die Teamkonstellation an und achten auf Vielfalt und Interdisziplinarität.
Was ist die schönste Form von Toleranz?
Die schönste Form von Toleranz ist jene, die Vielfalt als wahre Bereicherung erkennt. Und dies nicht zuletzt auch beim einzelnen Menschen. Wir sollten Menschen nicht auf einzelne Stärken und Schwächen reduzieren, sondern sie in ihrer Ganzheit sehen und schätzen.