Immobilien
Nachhaltigkeit
01. Juli 2025 – Beitrag

Tragwerke mit Weitblick: Wie die Ökobilanz den Weg zum nachhaltigen Bauen ebnet

Der Gebäudesektor verursacht jährlich rund 11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und rund 80 Prozent des Schweizer Abfalls (1). Das Tragwerk ist das Rückgrat eines Gebäude und mitentscheidend für dessen ökologische Bilanz. Mit einer Ökobilanzierung unterstützen wir Bauherrschaften und Architekturbüros, verschiedene Tragwerksvarianten zu vergleichen und den Entwurf hin-sichtlich Nachhaltigkeit und Erstellungskosten zu optimieren.

«Ingenieurs-technisch ist (fast) alles machbar. Wir sollten aber auch verstärkt die ökologischen Konsequenzen von Nutzeranforderungen und architektonischem Entwurf im Blick haben. Als Bauingenieure können wir mit unserem Fachwissen gemeinsam mit der Bauherrschaft und den Architekten Lösungen entwickeln, um möglichst emissionsarm und materialeffizient zu bauen.»
René Zemp, Leiter Hochbau

Nachhaltigkeit wird zum Kriterium im Architekturwettbewerb 

Öffentliche und private Bauherren orientieren sich in ihren Projekten in der Regel an den drei Erfolgskriterien Qualität, Zeit und Kosten. Zunehmend setzen sie sich auch ehrgeizige Ziele punkto Nachhaltigkeit. Dies schlägt sich in konkreten Anforderungen an Entwurfsteams in Architekturwettbewerben nieder, beispielsweise in einer Maximalgrösse für den CO2-Ausstoss pro Quadratmeter, der Verwendung nachhaltiger Materialien oder der Rückbaubarkeit für die Wiederverwendung von Bauteilen (Re-Use). 

Zu Recht meint René Zemp, Leiter Hochbau bei Basler & Hofmann: «Aus Perspektive des Klimaschutzes wäre es theoretisch am besten, gar nicht zu bauen. In der Praxis sollten wir, wenn immer möglich, am und mit dem Bestand bauen, das heisst ein Gebäude zum Beispiel umnutzen oder aufstocken. Wenn das nicht geht, können wir als Bauingenieurinnen und -ingenieure mit unserem Fachwissen dazu beitragen, dass möglichst emissionsarm und materialeffizient gebaut wird».

Ein Beispiel für eine Ökobilanzierung, die Basler & Hofmann im Rahmen eines Wettbewerbs für ein Lagergebäude erstellt hat. Verglichen werden drei Entwurfsvarianten im Rahmen eines Wettbewerbs für ein Lagergebäude: Variante 1: Neubau. Variante 2: Erhalt mit Re-Use. Variante 3: Erhalt, Re-Use und Einsatz von mit Pflanzenkohle angereichertem Beton, welcher Kohlenstoff einspeichert.

Starke Strukturen, schlanker Fussabdruck: Klimaziele im Hochbau erreichen

René Zemp ist Mitglied eines interdisziplinären Teams aus Nachhaltigkeitsfachleuten und Tragwerksplanerinnen und -planern von Basler & Hofmann, die ihr Fachwissen in einem eigens entwickelten Ökobilanzierungs-Tool gebündelt haben. Mit einer Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment, kurz LCA) können die Umweltwirkungen eines Tragwerks berechnet werden. Dies ermöglicht es Bauherrschaften, verschiedene Entwurfsvarianten hinsichtlich den äquivalenten Treibhausgasemissionen (Treibhauspotenzial THGE kg/CO2), dem nicht-erneuerbaren Primärenergieverbrauch (PENE KWh), Umweltbelastungspunkten (UBP) und zugleich bezüglich Baukosten effizient zu vergleichen.

Mit dem Ökobilanzierungs-Tool von Basler & Hofmann können ganze Gebäude einzelne Bauteile wie Decken- oder Wandsysteme, aber auch gebäude- oder energietechnische Anlagen bilanziert werden.

Fundierte Entscheidungen für nachhaltiges Bauen: 5 Gründe für die Ökobilanzierung von Tragwerken

1. Wertsteigerung

Nachhaltige Immobilien sind auf dem Markt gefragt. Wer nachhaltig baut (mit oder ohne Nachhaltigkeitszertifizierung), darf langfristig mit einer Wertsteigerung rechnen. 

2. Emissionen und Baukosten reduzieren

Wer Material spart, reduziert graue Emissionen und spart Baukosten. 

3. Materiallager für die Zukunft

Bauherrschaften, die heute mit dem ganzen Lebenszyklus im Blick bauen, investieren in ein Materiallager für zukünftige Projekte (Re-Use).

4. Beitrag zur Nachhaltigkeitsstrategie

Wer nachhaltig baut, leistet einen Beitrag zum Klimaschutz und zur eigenen Nachhaltigkeitsstrategie (Strategie Baukultur Schweiz, Kantonale und kommunale Nachhaltigkeitsstrategien, EU-Taxonomie etc.).

5. Imagegewinn

Bauherrschaften, die konsequent auf nachhaltiges Bauen setzen, übernehmen eine Vorreiterrolle und profitieren von einem Imagegewinn. 
 

In einem nächsten Impuls-Beitrag wird René Zemp in einem Interview erläutern, wieso er und sein Team bei der Ökobilanzierung manchmal die Systemgrenzen der Schweizer Normen «sprengen» und Einblick in zwei konkrete Projektbeispiele – ein grosses Archivgebäude und eine Schule – geben, bei der die Ökobilanzierung im Architekturwettbewerb mitentscheidend war. 

(1) Espazium (08.01.2024): «Die Utopie einer klimaneutralen Baubranche»: Die Utopie einer klimaneutralen Baubranche | Espazium