Ein Eisspeicher für das Logistikzentrum der Zukunft

Im Rahmen der sich dynamisch verändernden Anforderungen an die Logistik wird das Güterverkehrszentrum Embraport erneuert. Das zwischen Zürich und Winterthur gelegene Areal mit einer Fläche von rund 160 000 Quadratmetern soll in den nächsten Jahren zu einem Vorzeigeprojekt für Nachhaltigkeit in der Logistik werden - unter anderem mit einem riesigen Eisspeicher.

Der Betonkoloss innerhalb einer nahezu perfekt runden Baugrube inmitten der verschiedenen Lagerhäuser des Embraports fällt einem bereits von Weitem ins Auge. Die Menschen, die sich auf dem Betonkoloss angeregt unterhalten, erscheinen geradezu winzig. Zwei dieser Menschen sind Federico Mazzolini, Leiter Gebäudetechnik, und Hubert Mom, Senior Experte Gebäudetechnik bei Basler & Hofmann. Sie und ihr Team haben den Betonkoloss geplant und koordinieren die Bauarbeiten. Beim Koloss handelt es sich um einen riesigen Eisspeicher. Dieser soll einen Teil der Lagergebäude im künftig mit nachhaltiger Wärme und Kälte versorgen. "Heute ist ein wichtiger Tag hier auf der Baustelle: Wir prüfen, ob die Betonhülle des Eisspeichers dicht ist", erklärt Federico Mazzolini sichtlich angespannt. Währenddessen steigt einer der anwesenden Arbeiter durch ein Loch in der Decke in den Innenraum des Betonkolosses ab.

Auf dem Areal des Embraports vermietet die Zürcher Freilager AG Flächen von insgesamt 132 500 Quadratmetern. Rund 60 Prozent der Mietflächen befinden sich in Gebäuden, die älter als 40 Jahre sind. Diese werden den künftigen Marktbedürfnissen nur noch teilweise gerecht. Aus diesem Grund hat die Zürcher Freilager AG eine umfassende Strategie zur Erneuerung des Embraports erarbeitet. Diese wird bis 2024 sukzessive umgesetzt. Mit dem Umbau und der Erweiterung des Gebäudes B im Zeitraum 2020 bis 2021 wird der erste von insgesamt vier grösseren Teilschritten realisiert. Basler & Hofmann hat hier die Gesamtprojektleitung inne und ist für die Planungsarbeiten in den Bereichen Energie, Gebäudetechnik und -automation, Bauphysik, Gebäudeschadstoffe, Kanalisation und Verkehr verantwortlich.

Eis liefert Wärme

Ein besonderer Fokus der Erneuerung liegt auf dem Thema Energie: Die Vision ist, die Lagerhallen künftig möglichst CO2-neutral betreiben zu können. Entsprechend hoch waren die Anforderungen an das Gesamtenergiekonzept. Darin kommt dem Eisspeicher eine gewichtige Rolle zu. "Der Eisspeicher, auf dem wir stehen, wird schlussendlich unter dem Boden vergraben sein. Sein Inneres wird mit Wasser gefüllt und mit Spiralen aus verschiedenen Leitungen ausgestattet sein. Eine Wärmepumpe wird dem Wasser im Winter Wärme abziehen, bis dieses gefriert. Wechselt das Wasser seinen Zustand von flüssig zu fest, entsteht enorm viel Energie, die zum Heizen genutzt werden kann. In den Sommermonaten wird Wärme aus den Lagerhallen, dem Erdreich und von Solarthermie auf den Dächern der Hallen in den Eisspeicher geführt. Schmilzt das Eis, entsteht Kälteenergie, die sich zum Kühlen nutzen lässt – ein faszinierender Kreislauf", erläutert Federico Mazzolini. "Vor einer Woche haben wir die Betonzisterne bis auf einen Meter mit Wasser gefüllt. Unser Kollege unten im Eisspeicher prüft nun, ob das Wasser immer noch gleich hoch steht. Wenn nicht, würde das bedeuten, dass die Betonschale nicht dicht ist. Wir sind gespannt", ergänzt Hubert Mom.

Überraschung fordert unkonventionelle Lösung

Gleich zu Beginn der Bauarbeiten für den Eisspeicher ist das Projektteam unangenehm überrascht worden: Beim Ausheben der Baugrube kamen Kommunikationskabel zum Vorschein, die laut Kataster seitlich rechts neben der geplanten Grube liegen sollten. Alles deutete darauf hin, dass die Leitungen mittels eines zweiten Aushubes verlegt werden müssen. Eine unkonventionelle Lösung sparte der Bauherrschaft und dem Team diesen Mehraufwand. "Das rote, liegende Kranelement da drüben dient quasi als Brücke für die Leitungen. Wie sagt man so schön: Not macht erfinderisch", erzählt Federico Mazzolini.

Anspruchsvolle Gebäudetechnik

Während draussen die Dichtigkeitsprüfung des Eisspeichers läuft, verschaffen sich Federico Mazzolini und Hubert Mom gemeinsam einen Überblick über die laufenden Arbeiten im Gebäude B. Die Lagerhalle wurde 1976 gebaut und wird in der ersten Phase der Arealerneuerung in ein modernes Zollfreilager transformiert. Dazu wird das bestehende Gebäude saniert, um eine zusätzliche Etage aufgestockt und an der einen Ecke um zusätzliche Lagerflächen erweitert. Auf einem Tablet schauen sich die beiden Experten von Basler & Hofmann das Gebäudetechnikmodell des Lagerhauses an. "Das Projekt ist komplex und zugleich unglaublich spannend: Das Gebäude und dessen Betrieb muss den zollrechtlichen Bestimmungen gerecht werden. Für die eingelagerten Güter gibt es unterschiedliche Klimazonen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an das Gebäudeklima und die Sicherheit", erklärt Federico Mazzolini.

Wieder draussen, liegt das Resultat der Dichtigkeitsprüfung vor: Der Wasserstand im Eisspeicher ist gleich wie vor einer Woche und die Betonzisterne damit dicht. Federico Mazzolini macht einen weiteren Rundgang um die Zisterne und prüft ein letztes Mal, ob er irgendwo visuell Austrittsstellen festmachen kann. Aber da ist nichts. Die Bauarbeiten können wie geplant weitergehen. Nächsten Frühling soll der Eisspeicher dann in Betrieb gehen.

 

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