Fruchtbarer Boden von der Autobahn

Die Weinlandautobahn zwischen Winterthur Nord und Kleinandelfingen (ZH) wird von zwei auf vier Spuren ausgebaut; zudem entstehen neue Pannenstreifen. Die Baustelle erstreckt sich über rund 10 Kilometer. Etwas weiter weg sind Erdwälle rings um kahle Flächen zu sehen: Hier lagert «geretteter» Boden. Umweltfachleute sorgen für diesen Boden, um ihn später für neue Ackerflächen zu nutzen. Wir sind unterwegs in festem Schuhwerk – auf dem Weg zur «Kompensation von Fruchtfolgeflächen».
Eindrücklich, wie gross das erdige Feld ist – und wie viel Boden von den Baggern bewegt wird. Wir sind im Oberriet bei Adlikon (ZH). Die Autobahn ist nicht zu sehen, und doch ist dies eine Baustelle mit Bezug zur Erweiterung der A4 zwischen Winterthur und Andelfingen.
Eine Baggerschaufel nimmt weichen, dunklen Boden auf und hievt ihn auf einen gelben Grossdumper. Der dunkle Boden ist Humus, fruchtbarster Boden – hiervon gibt es viel im Oberriet. Weiter drüben trägt ein zweiter Bagger hellbraune Erde ab: Das ist Unterboden, doch viel davon gibt es hier nicht. Das Feld als Ganzes gilt deshalb als nicht besonders fruchtbar. Noch nicht.
«Gut macht ihr das», sagt Matias Laustela, Leiter Umweltplanung bei Basler & Hofmann, zum Baggerführer. «Ihr tragt genau die richtige Höhe ab.» 30 Zentimeter sind es präzis in dieser Ecke des Felds. Der Baggerführer blickt auf das Display in seiner Kabine. Es zeigt ein 3D-Geländemodell, das Basler & Hofmann auf Basis des bewilligten Projekts erstellt hat. Auf dem Display sieht der Baggerführer genau, wie viel Boden er wo abtragen muss. Sensoren an der Baggerschaufel geben ihm dazu das notwendige Feedback.
Das Feld im Oberriet wird für die Landwirtschaft aufgewertet. Der Boden hier, heute nur beschränkt ackerfähig und teils sumpfig, soll zur Fruchtfolgefläche werden – zu landwirtschaftlich besonders ertragreichem Kulturland.
Um dies zu erreichen, muss der Boden vorbereitet und neu aufgebaut werden. Humus, der dem Ausbau der Autobahn A4 weichen muss, wird später zugeführt; ebenso der passende Unterboden – in exakt der Menge und Qualität, die es für eine Fruchtfolgefläche an diesem Standort braucht. «Wir rechnen mit circa 25'000 Kubikmeter Boden und Aushub vom Ausbau der Weinlandautobahn, der diesem Feld im Winterhalbjahr und Sommer 2026 zugeführt wird», sagt Matias.
Geht Ackerland verloren, wird es kompensiert
Die Ingenieurgemeinschaft Sieber Cassina + Partner AG und Basler & Hofmann sind mit der Umsetzung solcher Fruchtfolgeflächen rund um die Weinlandautobahn beauftragt. Bodenfachleute wie Matias Laustela und Projektingenieurin Celina Steffani übernehmen bei der Bauausführung die bodenkundliche Baubegleitung. Unsere Auftraggeberin ist das Bundesamt für Strassen (Astra). Das Ziel ist die «Kompensation von Fruchtfolgeflächen», also von Ackerflächen, die durch den Autobahnausbau beansprucht werden. Werden Fruchtfolgeflächen an einer Stelle überbaut, müssen sie andernorts durch neue Flächen gleicher Qualität oder durch die Aufwertung bestehender Böden ersetzt werden. Das Astra ist beim Bau von Nationalstrassen verpflichtet, verloren gehende FFF zu kompensieren.
21 Hektar landwirtschaftliches Kulturland wird für den Ausbau der Weinlandautobahn beansprucht: Rund 14 Hektar werden temporär für die Baustelle belegt und rund 11 Hektar permanent überbaut. Also sind 11 Hektar Flächen in der Region zu kompensieren. Wenn möglich, soll sogar noch etwas mehr fruchtbares Kulturland entstehen.
Während der Bauzeit sind etwa 15 Bagger entlang der Autobahn mit dem Bodenabtrag und mit der Erstellung grossflächiger Boden-Zwischenlager beschäftigt. Drei bis vier Mal pro Woche prüfen unsere Bodenfachleute, ob die Maschinisten wie geplant vorgehen und mit ihren Baggern und Radladern die richtige Menge Boden abtragen.
Fruchtfolgeflächen – von Spezialisten erschaffen
Standortwechsel: Wir fahren nach Neftenbach (ZH) zu einem Feld, auf dem der Untergrund schon für den Wiederaufbau vorbereitet ist. Die Herbstsonne glitzert, doch idyllisch ist es nicht: Vor uns liegt ein weites, steiniges Feld; das Rauschen der Autobahn und Baustellenlärm sind hörbar.
Celina Steffani und Matias Laustela steigen auf die Erdwälle rings ums Feld. Hier wird guter Boden zwischengelagert, den die Bagger beim A4-Ausbau abgetragen haben. Sauber getrennt sind Erdhügel mit Humus und Erdhügel mit Unterboden. Auch Gras spriesst, die zwischengelagerte Erde wurde angesät. «Die Böden müssen grün und biologisch aktiv bleiben», erklärt Celina. «Ziel ist, dass wir im Frühling eine grüne Wiese auf den Zwischenlagern haben, so dass der Landwirt sogar einmal mähen kann, bevor wir die Böden auf der Rohplanie auftragen.»
Die Rohplanie – das ist das graue, steinige Feld, der vorbereitete Untergrund. Vor einem Jahr gab es hier eine Mulde, nun ist die Fläche eben und stabil. Drainage-Rohre wurden eingebaut, damit Wasser abfliessen kann. Im Frühling 2026 beginnt der Wiederaufbau: Auf die Rohplanie werden zuerst 50 Zentimeter Unterboden, darüber 30 Zentimeter Oberboden (der Humus) aufgetragen. So entsteht eine Fruchtfolgefläche. Bis zum Auftragen der Böden müssen sie über den Winter gepflegt werden. Unsere Fachleute prüfen den Zustand und die Bodenqualität regelmässig. «Wir müssen zum Beispiel sicherstellen, dass der Unterboden locker genug ist, damit die Wurzeln durchkommen und das Wasser nicht staut», sagt Celina. Kontrolliert wird auch, dass keine Neophyten auf den zwischengelagerten Böden wachsen.
Ein riesiges Zwischenlager für Böden
Wenig später stehen wir auf einem Installationsplatz an der Autobahn. Wieder zeigt sich die Dimension des Bauprojekts und der Umweltbaubegleitung: Ausgedehnte, begrünte Bodenlager zeugen von den enormen Mengen Erde, die abgetragen und zwischengelagert werden. Die Baustellen-Container und Maschinen wirken daneben wie kleine Legosteine. Auf diesem Platz sind Matias und Celina häufig anzutreffen: zur Kontrolle der Boden-Zwischenlager oder an Bausitzungen, an denen es um die zeitliche Planung der Arbeiten und um Absprachen mit der Bauleitung und den Bauunternehmen geht.
Geplant ist, im Frühling 2026 mit dem Aufbau der Fruchtfolgeflächen zu beginnen. Bis Anfang 2029 soll die Weinlandautobahn ausgebaut und die heutigen Fahrspuren ertüchtigt sein. Wenn die Autobahn 2029 neu mit vier Spuren in Betrieb geht, werden die Landwirte die neuen, kompensierten Fruchtfolgeflächen bewirtschaften können.


