Erneuerbare Energien
Infrastruktur
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Tiefe Grube für die Energie-Zukunft

Baugrube für Energiezentrale, Dielsdorf
Die Baugrube für die Energiezentrale in Dielsdorf.

Basler & Hofmann plant für Energie 360° in Dielsdorf (ZH) zusammen mit weiteren Planungspartnern eine Energiezentrale. Diese wird die Abwärme von drei Datacentern in Heizenergie umwandeln. Ihr Fundament bildet eine tiefe Baugrube, die höchst komplexe Anforderungen erfüllt. Wir blicken in die Grube – und erfahren, welche ingenieurtechnischen Herausforderungen für dieses Zukunftsprojekt zu meistern sind.

Auf dem Areal herrscht Hochbetrieb: Zwei riesige Datacenter stehen bereits, daneben bereiten Bauleute das Fundament für das dritte Datacenter vor. Unweit davon öffnet sich eine weitere Baugrube, direkt vor einem Bürohaus. Hier wird eine Energiezentrale entstehen, die mehrere Tausend Haushalte in Dielsdorf und den Nachbargemeinden mit Heizenergie und Warmwasser beliefern soll. Die Grube ist tief – elf Meter tief. Auf ihrem Grund graben an diesem Tag im Frühsommer 2025 mehrere Bagger die letzten Erdschichten ab. Sie wirken von oben wie Spielzeuge. 

Areal Green mit Baugrube für Energiezentrale
Das Areal der Grundeigentümerin Green: Im Hintergrund die zwei gebauten Datacenter. In der Mitte das Bürogebäude und die Baugrube. Unten rechts: die SBB-Geleise.

Eingepfercht zwischen zwei Fronten

Die Baugrube ist massiv abgesichert: Eine Wand aus Ortbeton-Bohrpfählen stützt sie gegen das Bürogebäude ab; auf der gegenüberliegenden Seite sichern mächtige Spundwände aus Stahl den Boden. Über die Grube spannt sich ein Netz aus dicken Stahlbalken – die Spriessungen – ebenfalls zur Sicherung der Baugrube. Keine Frage, hier werden enorme Druckkräfte unter Kontrolle gehalten.

«Wir sind hier quasi eingepfercht zwischen zwei Fronten.»
Lukas Vogt, Projektingenieur
Projektingenieur Lukas Vogt von Basler & Hofmann
Projektingenieur Lukas Vogt von Basler & Hofmann. Hinten links: Mächtige Ortbeton-Bohrpfähle.

Lukas Vogt ist Projektingenieur für Geotechnik- und Spezialtiefbau bei Basler & Hofmann. In Dielsdorf ist er als technischer Bauleiter für die Baugrube zuständig. Auf der einen Seite der Grube steht das Green-Bürogebäude, auf der anderen liegt die SBB-Bahnlinie. Nichts darf sich absenken oder bewegen – deshalb sind strengste Anforderungen an die Statik und die Sicherheit zu erfüllen. 

Und nicht nur das. Auch das Grundwasser stellt eine Herausforderung dar. Die Energiezentrale wird unterirdisch gebaut; sie wird im Grundwasser stehen. Das heisst, die Anlage und die Baugrube müssen absolut wasserdicht gebaut werden. Damit das Gebäude nicht aufschwimmt, wird es mit Zugpfählen im Boden verankert. Und weil die Energiezentrale teilweise in einem Hochwasserbereich liegt, über den ein Ablaufkanal führen wird, war auch ein mögliches Hochwasser in der Projektierung zu berücksichtigen.

Baugrube mit massiven Spriessungen
Bagger arbeiten in fast 11 Metern Tiefe in der Baugrube, unter den Spriessungen.

Energiezentrale nutzt Abwärme von drei Rechenzentren

Könnte die Energiezentrale nicht woanders gebaut werden? Diese Frage stellte sich durchaus. Doch eine Machbarkeitsstudie ergab, dass exakt hier der bestmögliche Standort ist. Die Energiezentrale wird die Abwärme aus den drei Rechenzentren nutzen, die auf dem Gelände entstehen. Doch der Platz auf dem Areal ist beschränkt.

Die Baugrube liegt auf dem Areal des IT-Unternehmers Green im Industriegebiet von Dielsdorf. Green baut hier drei Datacenter, das heisst, grosse Rechenzentren. In der Schweiz wächst die Nachfrage nach solchen Rechenzentren rasant – nicht zuletzt wegen der breiten KI-Nutzung, der politischen Stabilität und der Tatsache, dass man in unserem Land gekonnt mit Naturgefahren umzugehen weiss. In den Rechenzentren arbeiten tausende Hochleistungscomputer und produzieren im Betrieb viel Abwärme. 

Deshalb entschied die Firma Green, ihre Abwärme an das Energieunternehmen Energie 360° weiterzuleiten. Energie 360° wiederum beauftragte Basler & Hofmann sowie weitere Unternehmen mit der Planung der Energiezentrale. Basler & Hofmann plant auch die Werkleitungen auf dem Areal. Das Ziel: Ab Herbst 2026 soll die Abwärme der Datacenter in Form von Fernwärme zu den Haushalten in Dielsdorf und Umgebung fliessen.

Baugrube mit horizontalen Spriessungen
Die Baugrube für die Energiezentrale ist massiv gesichert. Gut sichtbar: Die horizontalen Spriessungen.

Zwei Untergeschosse unter dem Park 

Zunächst war die Energiezentrale gar nicht Teil der Arealplanung. Der ursprüngliche Masterplan sah nur drei Datacenter, drei Bürogebäude, eine Tiefgarage und einen öffentlichen Park vor. Letzterer wurde von der Gemeinde Dielsdorf gewünscht. 

Als klar wurde, dass die Abwärme für einen Fernwärmeverbund genutzt werden kann, schien der Platz für eine Energieanlage zunächst zu fehlen. Die Lösung brachte dann die Machbarkeitsstudie von Basler & Hofmann: Weil an der Erdoberfläche der Platz fehlt, sollte die Zentrale in die Erde unter dem Park gebaut werden.

Also wurde ein Untergeschoss für die Energiezentrale vorgesehen. Doch im Laufe des Projekts kam es zu einer Änderung: Es wurde entschieden, dass auch der Wärmeverbund im benachbarten Regensdorf von der Energiezentrale Dielsdorf aus versorgt werden sollte. Daher musste die Zentrale grösser gebaut werden. Es folgte der Entscheid, ein zweites Untergeschoss zu bauen. Die Behörden zeigten sich einverstanden und erteilten die Baufreigabe. Sodann machte sich ein Planungsteam, bestehend aus Basler Hofmann sowie weiteren Unternehmern, die für verschiedene Gewerke und Disziplinen zuständig sind, an die Ausführungsplanung.

Baugrube Dielsdorf
Besprechung am Rand der Baugrube.

Der Rohbau hat begonnen

Zurück auf der Baustelle, mittlerweile ist es Hochsommer. In der Baugrube hat sich viel getan. Die Bodenplatte in elf Metern Tiefe wurde betoniert, das Fundament ist geschafft. Die erste Phase des Hochbaus hat begonnen. In den kommenden Monaten werden die zwei Untergeschosse der Energiezentrale gebaut. Ende Jahr soll der Rohbau dann stehen. Anschliessend folgt deren Ausbau, die Wärmepumpen und zwei Gaskessel werden installiert. 

Projektkoordinator Federico Mazzolini ist zufrieden: «Es ist toll, was unser Team mit der Baugrubensicherung erreicht hat. Wir haben eine komplexe, sichere Baugrube erstellt, welche die hohen Anforderungen der SBB und des Geländes erfüllt und dennoch eine flexible Gestaltung der Innenräume der Zentrale erlaubt.»

 

Federico Mazzolini (links) an einer Bauleitungs-Sitzung in Dielsdorf.
Federico Mazzolini (links) an einer Bauleitungs-Sitzung in Dielsdorf.
«Wir haben eine komplexe, sichere Baugrube erstellt.»
Federico Mazzolini, Projektkoordinator

Läuft alles nach Plan, geht die Energiezentrale im Herbst 2026 in Betrieb. Sie wird die Abwärme aus den Datacentern auf die notwendige Temperatur erhöhen, bevor sie in die Rohrsysteme des Fernwärmenetzes fliesst. Das Rohrnetz wird die Heizenergie in Form von heissem Wasser zu den angeschlossenen Liegenschaften leiten. Von der Zentrale selbst wird nach der Fertigstellung kaum etwas zu sehen sein. Nur ein kleiner Pavillon und ein elf Meter hoher Turm, in dem der Speicher und die Kaminanlagen untergebracht sind, werden im Park als oberirdische Zugänge aus der Erde ragen.

Rohre für Fernwärme-Leitungen
Über solche Rohre (bis zu 50 Zentimeter Durchmesser) wird die Abwärme in die Energiezentrale und von dort zu den Haushalten gelangen.